Breguet Atlantic
Breguet Atlantic BR 1150

Daten und Fakten :

Technische Daten

Daten BR 1150 Atlantic

Länge 31,7 m

Spannweite 36,3 m

Rumpfhöhe 4 m

Rumpfbreite 2,90 m

Startgewicht max. 43.200 kg

Leergewicht 24.000 kg

Dienstgipfelhöhe 9.145 m

Triebwerk 2 Rolls-Royce RTY.20 Tyne Mk 21-Turboprop

Leistung je 4.500 kW

Standardwaffen Kombination aus: Mk.46 Torpedos, Wasserbomben, 250 kg Minen, AS-12/AS-20/AS-30 Anti-Schiff-Raketen, AS-37 Anti-Radar-Raketen (In Deutschland nur MK 46.)

Höchstgeschwindigkeit 650 km/h

Reisegeschwindigkeit 570 km/h

Reichweite 8.000 km

Besatzung 12 Personen

max. Einsatzdauer 18 Stunden

Die Breguet Atlantic, auch BR 1150, ist ein Langstrecken-Seeaufklärer (Maritime Patrol Aircraft (MPA)), der multinational entwickelt wurde und vor allem für den Einsatz über dem Meer gedacht ist. Das Flugzeug wird als Aufklärungs- und Patrouillenflugzeug sowie zur U-Boot-Jagd eingesetzt. Bei der Breguet Atlantic handelt es sich weltweit um das einzige Flugzeug, das von Anfang an für dieses Aufgabenspektrum gebaut wurde, weil andere Seeaufklärer in der Regel auf Basis ziviler Flugzeuge entwickelt werden. Die Baumuster der MPA Version sind bei der Bundeswehr zwischenzeitlich ausgemustert, werden aber in anderen Ländern noch weiter betrieben. Bei der Bundeswehr werden noch zwei für Fernmelde- und Elektronische Aufklärung umgerüstete Messflugzeuge geflogen (siehe BR 1150 M).

Geschichte

Der Bau eines einheitlichen See-Aufklärungs und Anti-U-Boot-Flugzeugs wurde 1956 vom NATO-Rat beschlossen. Es sollte die Nachfolge der Lockheed P2V-7 Neptun antreten. Nachdem sich die USA, Großbritannien und Belgien aus dem gemeinsamen Projekt zurückgezogen hatten, wurde von den restlichen Beteiligten 1959 ein Konsortium mit Namen SECBAT (Société Européenne pour la Construction du Bréguet ATLANTIC) aus französischen (Société Nationale de Construction Aéronautiques Sud Aviation und Société Nationale de Constructions Aéronautics d´Aviation Louis Breguet), niederländischen (Fokker), deutschen (Dornier, später in Arbeitsgemeinschaft Seeflug mit Siebel) und belgischen (3 Firmen unter dem Namen Abap, bestehend aus Sabca, Fairey und FN) gebildet und dessen Flugzeug-Entwurf unter dem Namen BR 1150 Atlantic ausgewählt. Entworfen wurde das Flugzeug in gemeinsamer Arbeit durch Expertengruppen der genannten Firmen.

Kostenbeteiligung an Entwicklung und Fertigung Land Beteiligung

Frankreich 57,8 %

Deutschland 19,1 %

Niederlande 15,3 %

Belgien 7,8 %


Die zuvor genannten Firmen waren unter dem in der Tabelle genannten Kostenschlüssel an der Secbat finanziell und risikoverantwortlich beteiligt, die als Hauptauftragnehmer fungierte und Unteraufträge an die Mitgliedsfirmen vergab. Die Geschäftsführung der Secbat wurde der Firma Bréguet übertragen, die diese Kosten auf die einzelnen Firmen umlegte.

Entwicklungs und Fertigungsaufteilung Initialphase Firma Anteil

Breguet Rumpfvorder- u. Mittelteil

Dornier Rumpfheck u. Leitwerk

Fokker Flügelmittelteil, Triebwerkgondeln

Sud Aviation Außenflügel


Auf der Auftraggeberseite wurde ein Lenkungsausschuss mit Vollmachten der assoziierten Regierungen, aus je einem Mitglied der Staaten, einem NATO-Beobachter und einem Sekretär gebildet. Die Entscheidungen mussten einstimmig gefällt werden.

Eine weitere Firmengruppe (Fabrique Nationale (FN) in Belgien, MTU in Deutschland und Hispano Suiza in Frankreich) baute die Rolls-Royce-Triebwerke in Lizenz, die Endmontage erfolgte bei Hispano Suiza. Die Propeller wurden von Ratier in Frankreich in Lizenz von Hawker-Siddley hergestellt. Bei weiteren Schlüsselkomponenten, wie z. B. dem Fahrwerk, bildeten sich ebenfalls Entwicklungs- und Fertigungsgemeinschaften. Die Missionsausrüstung kam dagegen weitgehend aus den USA. Endmontiert wurde das neue Flugzeug bei Bréguet (heute Dassault), nahe Toulouse.

Beide Organisationen SECBAT und Lenkungsausschuß bestehen heute noch zur Betreuung und Lieferung von Ersatzteilen und sind die Schrittmacherorganisationen für weitere länderübergreifende gemeinsame Projekte, wie z. B. dem Panavia Tornado, dem NH-90 oder dem Eurofighter geworden.


BR 1150 MPA Version der Deutschen Marine

Die Fa. Dornier übernahm in Deutschland die technisch-logistische Betreuung, wie Überholung und Reparatur der bei der Deutschen Marine eingeführten Flugzeuge. Sie führte später auch ein Kampfwertsteigerungsprogramm (KWS) mit wesentlicher Verbesserung der ESM-Fähigkeit durch. Dieses neue System sollte im Unterauftrag aus den USA von der Fa. Loral geliefert werden, erfüllte intolerabel die Forderungen nicht und musste von Dornier als Hauptauftragnehmer unter Abschreibung von 400 Mio DM Verlusten neu entwickelt werden.

Ab 1963 wurden die ersten Flugzeuge an Frankreich und Deutschland (je 20 Maschinen) ausgeliefert. Weitere Staaten, die die BR 1150 einsetzten, waren die Niederlande (9 Maschinen, nach drei Unfällen durch P-3 Orion ersetzt) und Italien (18 Maschinen, noch in Dienst) sowie Pakistan. Nachdem mehrere Länder sich nachträglich an dem Projekt beteiligten, wurden bis 1974 Flugzeuge der ersten Generation gebaut. In einer späteren Baureihe Atlantic 2 wurde die BR 1150 überarbeitet und vor allem mit moderner Ortungstechnologie ausgestattet. 28 Maschinen wurden von der Französischen Marine beschafft. Für neueren Bedarf bot die SECBAT erfolglos die Version Atlantic 3 mit moderner Avionik an (der Bundesrepublik Deutschland bereits 1990 als Nachfolger der alten BR 1150). Wegen der seinerzeitigen politischen Entspannung und auch wegen der Kostensituation durch die Wiedervereinigung überlegte die Bundesrepublik die Seeraumüberwachung der bisherigen Qualität ganz einzustellen oder im Auftrag durch den NATO Bündnispartner Niederlande erledigen zu lassen, dessen P-3 Flotte nunmehr unterausgelastet war. Die Entscheidung über ein Nachfolgemuster verschob sich daher laufend. Obwohl nur ein psychologisches Moment, ziehen die Besatzungen viermotorige Flugzeuge aus Gründen der Verwundbarkeit bei Beschuss vor, ein Argument, das gegen die Beschaffung der Atlantic 3 sprach. So hatten sich die Deutschen Planungstellen bereits auf das Nachfolgemodell der P-3 Orion, der ebenfalls viermotorigen Lockheed P-7 eingeschworen, das aber dann von den USA wegen Kostenüberschreitung des Programmes eingestellt wurde.

Erst mit den neuen Aufgaben zur Krisenbewältigung innerhalb der NATO wurde ein Bedarf wieder aktueller. Da der Klarstand der BR 1150-Maschinen inakzeptabel sank, wurden im Juni 2006 die deutschen Maschinen der MPA-Version bis auf die letzten drei Sigint-Maschinen (61+02, 61+03, 61+06) durch acht gebrauchte niederländische P-3 Orion ersetzt. Aufgrund ihres ebenfalls bereits hohen Alters werden diese Maschinen jedoch lediglich eine Übergangslösung sein.

Die Bundeswehr hat am 31. Januar 2007 5 Stück hochfliegende Drohnen EuroHawk bestellt, die die bisher eingesetzten Breguet Atlantic in der Sigint-Version ersetzen sollen.

Einge MPA-Exemplare der Deutschen Marine blieben komplett erhalten: Die 61+04 ging an das geplante Dornier-Museum in Friedrichshafen, die 61+05 an das Luftfahrtmuseum Rechlin-Lärz an der Müritz, die 61+12 an das Museum „Flugwelt Altenburg-Nobitz“ in Thüringen, die 61+14 blieb in Nordholz und befindet sich im dortigen Aeronauticum, die 61+17 ging an das Luftwaffenmuseum in Berlin-Gatow, die 61+19 an das Museum in Peenemünde und die 60+20 an das niederländische Militärluftfahrt-Museum in Soesterberg bei Utrecht.


Namensgebung

Da das Flugzeug Nachfolger der Neptune sein sollte, hatte man es "Atlant" nach einem der Söhne Neptuns genannt. Ein Zoologe klärte dann auf, dass Atlant auch ein wirbelloses, geschlechtloses Weichtier in den unteren Tiefen der See lebend sei. Man einigte sich dann auf Atlantic, auch um den Bezug zur Nato zu betonen. Die BR 1150 wurde gelegentlich auch mit dem Spitznamen "flüsternder Riese" tituliert, da sie ein vergleichsweise leises Flugzeug ist.


Ausstattung

Das Flugzeug kann sowohl mit Torpedos für die U-Boot-Jagd als auch mit Raketen gegen Schiffe ausgerüstet werden. Es kann außerdem Sonarbojen abwerfen und verfügt über ein Ortungsgerät für erdmagnetische Anomalien. Dies dient insbesondere zum Aufspüren von U-Booten. Je nach Modell des Waffensystems trägt das Flugzeug acht bis neun Torpedos, zwei oder vier Anti-Schiff-Raketen oder 72 Sonarbojen.

Außerdem existiert eine Sigint-Variante, (BR 1150 M) die zur elektronischen Aufklärung eingesetzt wird. Diese Maschinen, wie auch die früheren der MPA-Version, werden vom Marinefliegergeschwader 3 (MFG 3) in Nordholz betrieben.

Der Rumpf hatte im Querschnitt die Form einer „Acht“, wobei etwa zwei Drittel des vorderen oberen Teils der Rumpflänge als Druckkabine ausgelegt, klimatisiert waren und die Besatzung und ihre Konsolen aufnahmen. Dieser Teil des Rumpfes war in Wabenbauweise ausgeführt, während der Rest konventionell aus beplankten Spanten und Strigern konstruiert war. Die Druckkabine wurde aufwändigen Dauertests im Wassertank unterzogen. Der mittlere untere Teil des Rumpfes ließ sich durch zwei große Schiebetore - ebenfalls in Wabenbauweise - öffnen und enthielt den Abwurfraum für die Torpedos und sonstige Waffen. Im Bug war der Radom mit der Radarantenne untergebracht, der für Start und Landung in den Rumpf eingezogen werden konnte. Neben dem an allen Versionen vorhandenen Ausleger des Magnetfeld Anomalie Detektors (MAD) am Heck, waren ein weiteres auffälliges Merkmal bei der Deutschen Version die später bei der KWS angefügten längeren Behälter der ESM Anlage jeweils an den Tragflächenspitzen . Im hinteren unbedruckten Teil waren die Öffnungen des nach unten gerichteten Bojenwerfers zu sehen. Die Bugspitze unterhalb des Cockpits war durch eine Plexiglas Kuppel rundum verglast und enthielt einen Sitz für einen Beobachter. Das Flugzeug hatte neben der elektronischen Ausrüstung zur Kommunikation mit Schiffen in der Kabine eine sonst verschlossene Öffnung zum Einstecken einer Signalpistole um auch Leuchtsignale an Schiffe geben zu können.


Ausrüstung

Das Flugzeug hatte ein 360 Grad Rundsicht Seeüberwachungsradar zum Aufspüren von Überwasser Objekten und ein Sonarsystem zum Aufspüren von Unterwasserschiffen/ U-Boote. Unterstützt wurden die Radaranlage durch ein ESM-System, das die elektromagnetische Abstrahlung (ELINT) der Objekte auf großem Abstand erfasste, analysierte und zuordnete. Das Sonarsystem bestand aus Horchbojen die in einem bestimmten Muster abgeworfen wurden und empfangene Geräusche an das Flugzeug zur Auswertung sendeten. Bei der U-Bootsuche wurde ferner noch das MAD eingesetzt, das magnetische Abweichungen besonders unter Wasser aufzeigte und damit die Boote aufspürte. Entsprechend der Technologie der 1950er bis 1960er Jahre hatte der Kommandant an Bord einen größeren (ca. 1 x 1 m) Kartentisch zur Auflage und Zeichnen der Karten zum Darstellen und Führen der Lage. Neben mündlichen Funk gab er seine Ergebnisse auch über einen Funkfernschreiber an die Lagezentren weiter. Modernisierungen dieses Systems sind mehrfach an den Kosten gescheitert, andererseits war das System aber auch einfach und effektiv genug. Da als Haupteinsatzgebiet die Nordsee vorgesehen war, waren die Systeme auf diese Verhältnisse abgestimmt. Die Systeme waren genau und fein genug um U-Boote zwischen den zahlreichen Wracks und auch Bohrinseln zu erkennen.

Im Abwurfraum konnten im Kriegseinsatz verschiedene Torpedos und/ oder Wasserbomben gegen Über- und Unterwasserziele mitgeführt und im Tiefflug über dem Wasser abgesetzt werden. Die Bekämpfungsaufgabe blieb durch die politischen Entwicklungen im Hintergrund und wurde letztendlich auch nicht mehr vorgesehen, u.a. hätte die Waffenladung auch die Flugausdauer eingeschränkt.

Besatzung

Das Flugzeug konnte neben den beiden Piloten noch weitere 10 Mann Besatzung aufnehmen, die vor Konsolen mit Bildschirmen und Anzeigegeräten sitzend, die Daten der Sensoren auswerteten und die Effektoren bedienten, darunter ein Navigator und ein Kommandant der die Mission an Bord führte und an dessen Weisungen auch die Piloten gebunden waren, in den Grenzen, soweit die Sicherheit des Fluges nicht tangiert wurde. Der Navigator und das von ihm kontrollierte Navigationssystem steuerte in der Regel über den Autopiloten auch das Flugzeug/Flugprofil im Einsatzgebiet. Die Aufgabe der Piloten reduzierte sich dabei auf die Beobachtung der Bedrohung, Flugzeugsysteme, Flugsicherheit, d.h. "See and Avoid". Die Konsolen der Beobachter waren quer zur Flugrichtung, längs der rechten Seite der Kabine angeordnet. Das Flugzeug hatte zwei nach außen gewölbte sog. Bubble Windows, aus denen in den Zeiten vor GPS mit Sextanten Standortbestimmungen vorgenommen werden konnten. Aus der verglasten Bugspitze wurde Sichtüberwachung durchgeführt. Der Einstieg in die Glaskuppel am Bug erfolgte durch einen Gang zwischen den beiden Piloten, die dadurch weiter auseinander saßen als Piloten in anderen Flugzeugen. Die Cockpitverglasung war dadurch seitlich ebenfalls etwas nach außen gewölbt, was den Piloten die Sicht zur Seite und nach hinten verbesserte. Die Kabine enthielt einen kleinen Aufenthalts- und Ruhebereich mit kleiner Küche und Toilette, da die Flüge auch später noch mit reduzierter Beladung bis 18 Stunden dauern konnten. Der Zustieg zum bedruckten Kabinenteil folgte vom Heck aus über zwei schmale und steile Treppen.

Die Kabine war trotz des Aufenthaltbereiches beengt und entsprach im Komfort dem Konstruktions-Standard der frühen 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Während die elektronische Ausrüstung durch eine KWS und laufende kleinere Verbesserungen den Anforderungen der Zeit angepasst wurden, blieb der persönliche Bereich der Besatzung in den über 40 Jahren der Einsatzzeit praktisch unverändert. So gehörte es zur Kollegialität zwischen Besatzung und den Warten der Maschine, die Toilette nur in dringenden Fällen zu benutzen, da der Toilettenkübel die engen Treppen heruntergetragen werden musste, was bei einem vollen Kübel leicht zu Problemen führte. Zur weiteren Ausrüstung der Besatzung gehörten Fallschirme für alle, wie auch die üblichen Notwasserungsrettungsmittel, wie Rettungsinseln und Überlebensausrüstung.

Atlantic Nouvelle Generation (ANG)

Bereits 1972 bildeten die Secbat-Firmen eine Modernisierungskommission und regten eine entsprechende Arbeitskommission bei den beteiligten Regierungen an. Nach vielem Hin und Her blieb nur ein Bedarf von 42 Flugzeugen für die Französische Marine übrig. Deutschland beschloss eine Modernisierung der im Land vorhandenen Flugzeuge, Italien hatte keinen Bedarf neuer Flugzeuge. 1977 erfolgte eine Beauftragung der Secbat durch die Französische Regierung zur Definition und 1978 zum Bau von zwei Prototypen ANG für ihre Marine. In der Folge wurden von den 42 beauftragten noch bis 1993 20 Flugzeuge gebaut, bevor sich der Bedarf durch die Entspannung der Ost-/ Westbeziehungen auch in Frankreich reduzierte. Die Fertigung des früheren Dornier Anteils an der SECBAT übernahmen dabei die Elbe Flugzeugwerke in Dresden. Diese Generation der Flugzeuge unterschied sich nur durch die modernere Missions-Ausrüstung Französischer Fertigung von der Vorgängerversion. Für diese Baureihe sind auch die Bezeichnungen Atlantique, MK II, ATL-2 oder Atlantic 2 gebräuchlich.